Durchblick im Dschungel der Leistungsangaben: Warum RMS-Leistung die beste Belastungsangabe für Lautsprecher ist

Worauf müssen Sie als Fachplaner und Errichter beim Vergleich der Belastbarkeit von Lautsprechern achten, um nicht auf Marketingtricks hereinzufallen?

Ein neues Projekt steht an. Und Sie müssen die passende Beschallungsanlage auswählen. Inzwischen gibt es viele verschiedene Angaben für die Belastbarkeit von Lautsprechern. So stoßen Sie auf Angaben wie „Musikleistung“ oder „RMS-Leistung“ beziehungsweise „Musikbelastbarkeit“ oder „RMS-Belastbarkeit“ und fragen sich, was dahintersteckt. Wir haben mit Daniel Gradert, unserem Experten für Soundqualität, gesprochen. Er erzählt, auf welche Angaben Sie achten sollten, wenn Sie auf der Suche nach einem neuen Lautsprecher für Ihr Projekt sind.

Belastbarkeit oder Leistung – was ist der richtige Begriff?

Die Worte Belastbarkeit und Leistung werden umgangssprachlich synonym verwendet. Richtig ist es aber, von der Belastbarkeit eines Lautsprechers zu sprechen. Die Belastbarkeit bezeichnet die Leistung, die ein Lautsprecher verträgt, ehe er Schaden nimmt. Belastbarkeitsangaben bieten beim Kauf eines Lautsprechers eine gute Orientierung. Sie sind allerdings immer nur ein Richtwert, der davon abhängt, wo Sie den Lautsprecher einsetzen. Ein Lautsprecher in der Autotür muss bei anderen Bedingungen funktionieren als eine Home-Beschallungsanlage. Umgebungsparameter haben einen großen Einfluss auf die Angaben der Lautsprecher. Deswegen sind sie nie zu 100 % verlässlich.

Die Leistungsangaben von Elektronik lassen sich leicht bestimmen. Bei Lautsprechern ist es etwas schwieriger, da dort mehrere Bauteile mit unterschiedlichen Angaben zusammenkommen. Deswegen gibt es mehrere, teilweise veraltete Verfahren, die Belastbarkeit eines Lautsprechers zu ermitteln:

  • RMS-Belastbarkeit: RMS steht für Root Mean Square. Es beschreibt die durchschnittliche Leistung im relevanten Frequenzbereich, die Sie dem Lautsprecher hinzufügen können, ohne dass Schäden daran entstehen. Der Wert bezieht sich auf die Dauerbelastung und bietet so eine gute Orientierung für den realen Einsatz des Lautsprechers.
  • Musikleistung: Die Musikleistung ist neben RMS die zweite typische Belastbarkeitsangabe. Bei der Messung bekommt der Lautsprecher mal mehr und mal weniger Leistung (dynamische Belastung). Dann schaut der Messtechniker, wie viel Leistung der Lautsprecher aushält. Der Wert der Belastbarkeit bezieht sich also schlussendlich auf kurzzeitige Belastungen. Er ist deswegen höher als die RMS-Belastbarkeit, bietet aber keine zuverlässige Orientierung für reale Anwendungssituationen.
  • Peak-Leistung: Bei diesem Messverfahren geht es darum, welche Leistung ein Lautsprecher im Peak verträgt, also für wenige Millisekunden (Impuls). Die Angabe hat nicht nur etwas mit der elektrischen Belastbarkeit des Lautsprechers zu tun, sondern auch mit der mechanischen Gesamtbelastbarkeit. Heute ist dieser Wert kaum noch relevant. Er ist eher eine Sicherheitsangabe für Extremsituationen, beispielsweise in der Veranstaltungstechnik.

Da Musik- und Peak-Leistung höher sind als die RMS-Belastbarkeit, werden sie teilweise für Marketingzwecke genutzt. Ein Lautsprecher mit einer RMS-Belastbarkeit von 100 Watt kann beispielsweise eine Musikleistung von ungefähr 200 Watt und eine Peak-Leistung von bis zu 1000 Watt aufweisen. Die größeren Zahlen wirken für unerfahrene Kunden ansprechender.

Höher = besser? Oder doch nur Marketing?

Die Belastbarkeit als einzelner Wert hat keinen Einfluss auf die Soundqualität eines Lautsprechers. Sie sollten also immer alle Parameter gemeinsam im Kontext betrachten. Trotzdem werben einige Hersteller gerne mit einer besonders hohen Musikbelastbarkeit oder Peak-Leistung. Diese Werte sind aber unzuverlässig: Sie werden nicht unter realen Bedingungen gemessen und stellen so nur die Spitzenleistung zu einem bestimmten Zeitpunkt dar. So vergleichen Sie Äpfel mit Birnen. Einige Hersteller oder Händler verwenden die Angaben aber trotzdem, um ihre Produkte attraktiver erscheinen zu lassen.

 
Daniel Gradert | MONACOR INTERNATIONAL

„Je größer die Zahl, desto eher kann sich ein Produkt verkaufen. Trotzdem hat die Belastbarkeit mit der Soundqualität erst mal nichts zu tun. Es gibt Lautsprecher mit 200 Watt, die in der Gesamtqualität deutlich höher anzusiedeln sind als welche mit 2000 Watt. Sie können die Qualität eines Lautsprechers nicht an einer Angabe festmachen.“

Beispiel:

Im privaten Wohnzimmer (20–30 qm) reichen oft Lautsprecher mit moderaten Leistungsangaben. Denn dort geht kaum Energie verloren und der Hörer sitzt im Nahbereich. Bei Großraum- oder Outdoor-Anwendungen wiederum nicht unbedingt. An der Belastbarkeitsangabe allein können Sie noch nicht ablesen, wie viel der Lautsprecher „kann“ – also auch nicht, wie viel Leistung der Lautsprecher in Schallenergie umsetzen kann (Wirkungsgrad).

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RMS-Belastbarkeit ist die beste Angabe

Wenn Sie eine fundierte Entscheidung treffen wollen, sollten Sie immer alle Parameter des Herstellers in Ihre Entscheidung mit einbeziehen. Für die Belastbarkeit setzen Sie auf genormte Angaben wie die RMS-Leistung. Die RMS-Leistung gilt als die offizielle, internationale und einzig aussagekräftige Angabe zur Leistung von Beschallungsanlagen!

 
Daniel Gradert | MONACOR INTERNATIONAL

„Die Musikleistung kann eine erste Orientierung bieten. Die RMS-Belastbarkeit ist der verlässlichere Wert. Das sind Werte, an denen Sie sich als Kunde orientieren können.“

So wird die RMS-Leistung ermittelt

Um den RMS-Wert (in Watt) zu ermitteln, messen Experten die Belastbarkeit des Lautsprechers über den gesamten relevanten Frequenzbereich mithilfe des sogenannten rosa Rauschens (Pink Noise). Das rosa Rauschen zeichnet sich im Vergleich zum weißen Rauschen (White Noise) durch einen Pegelabfall von 3 dB pro Oktave nach oben aus und ist dem durchschnittlichen Hörempfinden eines Menschen nachempfunden.
 

„Root Mean Square“ ist in der Elektrotechnik eine statistische Maßzahl, …

… die den Effektivwert eines variablen Signals beschreibt. Im Kontext von Audio- und Beschallungstechnik wird RMS oft verwendet, um die „effektive“ Leistung eines Audiosignals zu quantifizieren.

Was macht das in der Praxis? Nehmen wir an, Sie haben ein Audiosignal, das ständig schwankt. Einige Teile sind laut (hohe Amplitude), andere leise (niedrige Amplitude). Der RMS-Wert gibt Ihnen eine Art „Durchschnittswert“, der die gesamte Energie des Signals repräsentiert. Dies ist nützlich, um die Belastbarkeit von Verstärkern und Lautsprechern zu bewerten, da es ein realistischeres Bild der zu erwartenden Leistung ergibt (im Vergleich zu Spitzenwerten).

Der RMS-Wert ist besonders wichtig, wenn es darum geht, Verzerrungen und Überlastungen zu vermeiden. Ein Gerät, das für eine bestimmte RMS-Belastbarkeit ausgelegt ist, übersteht dieses Niveau an „effektiver“ Leistung über einen längeren Zeitraum ohne Verzerrung oder Schaden.

Fazit: Vertrauen Sie auf die Experten

Alle Werte für die Belastbarkeit eines Lautsprechers müssen Sie im Kontext sehen. Wichtig sind das Einsatzgebiet, die Einsatzart oder der verwendete Frequenzbereich. Als Fachplaner oder Errichter sollten Sie stets auf genormte und verlässliche Angaben setzen. Hierfür eignet sich die Angabe der RMS-Leistung am besten.

Headergraphic © AdobeStock | Irina

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