„Es gibt eine regelrechte Überschwemmung mit Billig-Plastiklautsprechern“

Auf einen Kaffee mit Michael Friedsam, Senior Product Manager bei MONACOR INTERNATIONAL


Spätsommer 2022, ein lauwarmer Nachmittag. Wir treffen Michael Friedsam nicht im Büro nebenan, sondern verabreden uns mit ihm in der Lobby eines Bremer Hotels. Zwar könnte Michael jederzeit in unserem Hauptsitz in Bremen arbeiten, er ist aber viel unterwegs. Sehr viel. Alles im Dienste guter Audiolösungen. Was er genau tut, warum er die Schwemme an Billiglautsprechern aus zwei unterschiedlichen Perspektiven betrachtet und was das mit Geigen gemeinsam hat, haben wir ihn bei einem Kaffee gefragt.

Moin Michael! Stell dich doch kurz vor.

 

Ich bin Michael Friedsam, 38 und seit über 20 Jahren in der Musikindustrie tätig. Ich war vorher 17 Jahre bei einem großen Musikaliengeschäft und bin 2019 zu MONACOR gewechselt. Erst im Außendienst, jetzt seit 2,5 Jahren im Produktmanagement. Meine Aufgaben sind das Sourcing, ich suche also neue Produkte für unser Sortiment. Gleichzeitig bereinige ich unser Sortiment und mache es damit kompakter. Ich bin selbst Musiker und Tontechniker und hatte eine Zeit lang ein kleines Tonstudio. Konzerte habe ich auch gemischt.

Was bedeutet „Produktmanager“ als Arbeitsfeld?

Ich schreibe zum Beispiel gemeinsam mit Tom Mikus unsere Roadmap für neue Produkte. So planen wir intern unser Produktsortiment für die nächsten Jahre, stimmen Vertrieb und Marketing ein.

„Es gab Zeiten, da hatte MONACOR einen riesigen Bauchladen. Das ist 2022 viel schärfer und klarer. Heute sind wir Lösungsanbieter für Audiotechnik und machen damit genau das, was wir am besten können.“

Woher weißt du denn, welche Produkte die Marke MONACOR braucht und was die Kunden brauchen?

 

Es ist viel Intuition, weil wir als Hersteller den Trend setzen wollen. Wir sind als Marke stark genug, um zu sagen, wo es hingeht. Eine Pandemie ist eine Sondersituation. Da haben wir gemerkt, dass viel Recording- und DIY-Material nachgefragt wurde. Aber auch Audiotechnik, um den eigenen Party- oder Hobbyraum mit guten Niederohm-Boxen auszustatten. Es gibt auch ein Comeback der Selbstmacher, in einem gewissen Rahmen.

Neben dem DIY-Gedanken kam es in vielen Branchen während der Pandemie auch zu einer schlagartigen Digitalisierung. Auch in der Beschallung?

Gar nicht so sehr, was die Produkte angeht. In Deutschland haben wir bei der Digitalisierung noch einen kleinen Nachholbedarf. Das ist ganz witzig, weil wir deswegen ein wenig in die Zukunft schauen können. Entweder ins Silicon Valley oder noch weiter in die Zukunft, nach Shanghai. Audio over IP  ist da viel normaler als hier. Mittlerweile kommen jedoch einige spannende und interessante Investitionen, ein bisschen bewegt sich was, der Nutzen von digitalen Beschallungslösungen wurde erkannt und alle wollen nun da mitmachen.

„Der Anteil an Audio-over-IP-Lösungen wie DANTE® steigt zum Beispiel. Da sind wir einer der ganz wenigen Ansprechpartner in Deutschland. Im Bereich der Entscheider und Techniker gibt es einen Generationenwechsel.“

Wie hat sich die Branche verändert, wie hat sich dein Arbeitsalltag verändert? Wie verändert sich die Branche vielleicht in Zukunft?

 

Wenn ich jetzt nur auf mich schaue, ist es eine massive Veränderung, dass ich papierlos arbeite. Ansonsten wissen wir ja alle, dass Beschallungstechnik in der Corona-Hochphase nicht lief. In der Unterhaltungsbranche sind viele gute Leute heute nicht mehr da, weil die Nachfrage wegfiel. Im Bereich der kommerziellen Beschallung wurden einige hart und unvorbereitet dadurch getroffen, dass Messen weggefallen sind, auch Investitionen sind zurückgegangen.

Meinst du, die Messen in der Beschallungs Branche kommen wieder?

Ich glaube nicht in dem Maße wie vor der Pandemie. Eine kleine Anzahl von großen Messen wird es weltweit weiterhin geben, aber deutlich weniger als vorher.

Warum weniger, was hat sich verändert?

Ich glaube, es wird immer klarer, dass es effizientere Formate gibt. Dafür müssen Unternehmen nur nüchtern zusammenrechnen, was sie mit dem großen Budget für einen Messestand sonst machen könnten. Diese Summen könnten sie in Roadshows oder in persönliche Einladungen für Kunden investieren. Da haben die Marken den Fokus des potenziellen Kunden nur auf sich selbst. Auf einer Messe ist man einer von vielen, der Messestand kostet Geld, es ist Personal gebunden.

„Bei MONACOR bieten wir kostenfreie DANTE®-Schulungen an, hier vor Ort. Dadurch entstehen oft die wertvollsten persönlichen Kontakte.“

Du bist Produktmanager – haben sich die Produkte in den letzten Jahren verändert?

 

Was in der Beschallungstechnik auffällt, ist, dass alles kleiner und kompakter wird. Früher war „groß und schwer“ auch oft gleichbedeutend mit Qualität. „Da kommt was raus“ hat man gesagt. Heute sind kleine Tonsäulen begehrt. Die sind auch toll – so eine kleine Säule mit mehreren Treibern übereinander ist oft nicht dicker als ein Oberarm und macht einen guten Sound.

„Im Installationsbereich geht es darum, Beschallungstechnik unsichtbar zu machen. Niemand will Kabel sehen. Aber auch die Lautsprecher sollen so unauffällig wie möglich sein.“

Der andere Ansatz ist, dass einige Kundengruppen einen sehr hohen Anspruch an das Design von Lautsprechern entwickelt haben. Diese beiden Ansätze sind aber unterschiedliche Anwendungsszenarien.

Zum Thema der Unsichtbarkeit: Lautsprecher können nicht unendlich klein werden, rein physikalisch, oder?

 

Nach unserem aktuellen physikalischen Verständnis stimmt das, weil die Membran von einem gewissen Umfang lebt. Aber die Technik wird sich weiterentwickeln. Die Audio-Industrie war in diesem Bereich die letzten Jahrzehnte nicht sehr innovativ. Lautsprecher funktionieren noch wie Lautsprecher in den letzten Jahrzehnten. Mikrofone übrigens auch. Da gab es technische Veränderungen, aber das waren auch eher Optimierungen. Wird das Prinzip der Membran irgendwann durch eine Innovation abgelöst, wird das bahnbrechend.

Haben sich die Ansprüche an die Qualität des Sounds oder das Verhalten der Kunden in diesem Produktbereich verändert?

Wer die Wahl hat, entscheidet sich immer für bessere Soundqualität. Aber im Projektgeschäft gibt es Grenzen. Es wird immer Leute geben, die wollen besser, besser, besser. Wenn jemand sagt, er hat 7.000 Euro Budget, dann ist ein Angebot über 20.000 Euro für diesen Kunden nicht sinnvoll, auch wenn die Technik gut und das Angebot sehr fair ist – der Auftraggeber hat das Geld nicht. Meine Erfahrung ist: Menschen machen Kompromisse, wenn sie etwas möchten. Jemand möchte eine Beschallung im Ladengeschäft? Dann wird er das innerhalb seines Budgets umsetzen und nicht ganz bleiben lassen, nur weil es noch etwas Besseres gibt. Es gibt Lautsprecher, bei denen man Kompromisse macht, aber diese Kompromisse sind besser als früher. Aber ich sage auch: Da muss man heute aufpassen. Es schießen immer mehr Firmen aus dem Boden, die Beschallung sehr billig importieren und auch zu sehr, sehr niedrigen Preisen anbieten.

„Es gibt eine regelrechte Überschwemmung mit Billig-Plastiklautsprechern. Davon profitieren wir als MONACOR aber indirekt sogar.“

Wie meinst du das?

Weil wir oft hochwertig, oft auch günstig, aber niemals billig anbieten. Ich hole mal etwas aus: Ein Kumpel von mir ist Geigenbauer. Der baut Geigen, die kosten 10.000 € aufwärts, was ein normaler Preis für gute Geigen ist. Dann gibt es aber auch Billig-Händler, die verkaufen Geigen für 200 bis 400 Euro. Und mein Kumpel findet das gut, denn: Die Dinger gehen alle kaputt. Dann gehen die Billigkäufer zu meinem Kumpel und wollen die Geige repariert haben. Und die Leute, die richtig Bock haben, kaufen dann eine bessere Geige bei ihm. Die haben einen Aha-Moment. So ist es auch mit Beschallung: Es gibt günstige, gute Beschallungstechnik und es gibt absolute Billiglautsprecher. Wer sich an Billiglautsprechern die Finger verbrennt, geht dann zu einem Händler mit etwas mehr Anspruch. Die Billiglautsprecher sind ein Einstiegspunkt, um überhaupt an Beschallung, zum Beispiel im Ladengeschäft, zu denken. Letztlich sind sie aber immer nur der Startpunkt der Reise. Das ist die wirtschaftliche Sicht.

Gibt es noch eine andere Sicht?

 

Für den Planeten ist diese Schwemme an Billig-Lautsprechern natürlich eine Katastrophe. Unser Anspruch ist deswegen auch, dass MONACOR-Lautsprecher so stabil sind, dass sie Jahrzehnte an der Wand oder in der Decke hängen können. Das ist Nachhaltigkeit im ursprünglichsten Sinne.

Im letzten Teil unseres Gesprächs noch mal zurück zu dir: Du hast gesagt, du bist selbst Musiker und Tontechniker. Das hilft wahrscheinlich auch im Beruf, oder?

Wenn ich ein Produkt ins Sortiment aufnehme, denke ich deswegen immer sehr klar an den Endkunden. Das ist das Wichtigste an allem, was wir tun. Wenn der Anwender es nicht nutzen kann oder will, bringt uns das Produkt nichts. Klar, da hilft meine Anwenderperspektive. Ich bin also Praktiker. Das ist übrigens etwas, was ich bei MONACOR und auch in der Branche selbst schätze: Es gibt viele Überzeugungstäter. Viele machen Beschallungstechnik als Beruf und werkeln dann in der eigenen Garage an Verstärkern oder Mischpulten herum. Man hat schnell eine Gesprächsbasis, mit Tontechnikern, mit Errichtern, mit Musikern.

17 Jahre Musikalien, warum hast du gewechselt – und warum zu MONACOR?

Es gibt MONACOR schon seit über einem halben Jahrhundert. Das ist gut, weil wir eine etablierte Marke mit vielen treuen Lieferanten und Kunden sind. Die Marke hat Geschichte. Auf der anderen Seite müssen wir immer wieder aktiv daran arbeiten, dass wir „up to date“ bleiben. Viele unserer guten Produkte gibt es schon ewig, teilweise seit Jahrzehnten. Andere sind neu und gestalten die Zukunft der Beschallung. Ich kann hier bei MONACOR also ganz explizit an der Produktausrichtung arbeiten, das ist eine tolle Herausforderung.

Wenn du sagst, dass Produkte bei euch manchmal seit Jahrzehnten gut abgenommen werden: Ist Beschallungstechnik so zeitlos?

Dass es diese Produkte schon so lange gibt und unsere Partner sie immer noch kaufen, liegt daran, dass unsere Installationsprodukte eine sehr lange Lebensdauer haben. Das ist der Produktkategorie geschuldet. Gleichzeitig haben wir einen großen Kundenstamm, der sehr erfahren und spezialisiert auf bestimmte Installationsprodukte ist, etwa auf die 100-Volt-Technologie. Die bietet genau das, was viele Installateure wollen: zuverlässige Ergebnisse, effiziente Verkabelung und einfache Bedienung. Da ist MONACOR eine der wenigen Marken, die das in diesem Umfang noch bietet.

„Wer seit 40 Jahren erfolgreich 100-Volt-Lautsprecher installiert, hat vielleicht weder Lust, noch überhaupt einen naheliegenden Grund jetzt mit AoIP und Cloud-Computing anzufangen. Das ist völlig okay, weil es unterschiedliche Anwendungsgebiete sind.“

Hast du mit deiner langen Erfahrung irgendwelche Kniffe als Produktmanager, die du verraten kannst?

Wenn mir einer sagt, ich brauche eine günstige Zwei-Wege-Box in Rot, dann weiß ich sehr genau, wem ich schreiben muss. Ich habe ein bestimmtes Set an Kriterien, die erfüllt werden müssen, und Kriterien, die erfüllt werden sollten. Und dann ist die hohe Kunst, den passenden Lieferanten zu finden, der gut, schnell und günstig ist und den kein anderer kennt. Es gibt große Firmen, die jeder kennt. Da macht es für mich keinen Sinn anzuklopfen. Wir wollen für unsere Marke jemanden finden, der zuverlässig ist, gutes Zeug baut und zu einem vernünftigen Preis handelt. Im besten Fall bekommen wir Exklusivität. Das ist die Königsdisziplin.

Arbeitest du denn viel im stillen Kämmerlein oder bist du eher im Gespräch?

Mit Endkunden spreche ich eher selten. Bei größeren Projekten kann das vorkommen. Wir hatten zum Beispiel eine recht große Installation für eine Moschee. Das war die zweit- oder drittgrößte Moschee in Deutschland. Ein sehr spannendes Projekt, da bin ich auch mit vor Ort gewesen. Bei Moscheen ist die Kombination aus einem großen Raum mit sehr harten, nackten Stein- und Glaswänden eine echte Herausforderung. Da gibt es dann Hall, der gewollt ist. Und auch Hall, der nicht gewollt ist. Die Stimme muss perfekt rüberkommen. Wir können da mit Simulationen arbeiten und machen natürlich eine ausführliche Begehung. Aber das ist nicht mein übliches Aufgabenfeld.

Wie eng arbeitest du als Produktmanager mit den Ingenieuren bei euch in der Technik zusammen?

 

Frank Kuhl ist unser Development Engineer Acoustics und das Ohr der ganzen Firma. Jeder Lautsprecher, den ich source, muss an seinem Ohr vorbei. Frank verbessert das Lautsprecherkonzept und gibt Lautsprechern so einen einzigartigen Fingerabdruck. Das machen auch andere Kollegen bei uns im Haus, jeweils mit anderen Produkten. Zum Beispiel, damit jedes Mischpult denselben Eingangspegel hat. Wenn du ein Mikro an unsere Pulte steckst, weißt du, was rauskommt. Also kurz gesagt: Mit denen arbeite ich sehr eng, weil die Ingenieure das in die Hand bekommen, was ich source.

Danke lieber Michael!

Luft auf mehr Blicke hinter die Kulissen? Ein Gespräch mit Tom Mikus, unserem heutigen CEO, finden Sie in unserem Magazin.

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