ELA und die Digitalisierung

Ein Blick auf den Markt und die Zukunft der Branche

 

Weder die digitale Transformation, noch eine weltweite Pandemie machen vor der ELA-Branche halt. Wie ist der Status Quo der Branche und wie sieht die Zukunft aus? Wir sprechen mit dem erfahrenen technischen Projektmanager Michael Krebbing über den Status Quo in der Branche.


Moin Herr Krebbing! Im Zuge der Corona-Pandemie ging ein Ruf nach schnellerer Digitalisierung durch die Arbeitswelt. Sind analoge Lösungen im Bereich Commercial Audio langsam obsolet, sind digitale Lösungen der neue Standard?

 
M. Krebbing, technisches Projektmanagement:

Analoge Übertragungstechnik ist aber noch lange nicht obsolet, sie ist nur nicht mehr die einzige Option. Was die Übertragung von Audiosignalen angeht, wird es aber immer mehr eine Kombination aus 100-Volt-Technik und IP-Technik, das ausgegebene Signal ist ja immer analog.   IP-Lösungen sind 2020 aber noch lange nicht der Standard, es ist heute lediglich normal, dass wir beide Optionen kennen und abwägen. Ich gehe davon aus, dass sich die IP-Technik in den nächsten 5-10 Jahren immer mehr durchsetzen wird, auch weil die Preise sich in diesem Segment weiter reduzieren. Und in großen Projekten ist es auch sinnvoll, dass Technologien wie Dante® langsam, aber sicher immer häufiger zum Einsatz kommen.

Von welchen großen Projekten sprechen wir, in denen sich Dante® lohnt?

 

Das sind Projekte, wo große Leitungslängen zu erwarten sind, also Kabelwege von mehr als 100 Metern. Da kommen Errichter um die Audio-over-IP-Lösungen nicht herum. Das klassische Szenario ist ein Firmengelände mit mehreren Gebäudekomplexen, die eine übergreifende Audioverbindung brauchen. Oder ein bestehendes Gebäude, bei dem ein Neubau dazukommt. Wenn der Kunde dann eine Rufanlage will, es aber kein entsprechendes Kabel zwischen den Gebäuden gibt, empfehlen wir Netzwerkkabel. Denn die sind meistens da. Da verbinden wir beide Gebäude mit Netzwerkkabeln und Dante®-Wandlern. Gerade bei Rufanlagen, die über mehrere Gebäude gehen, ist es deutlich kostengünstiger, die Signale per LAN zu übertragen. Da kann man skeptisch sein, wie man will, die digitale Technik ist einfach kosteneffizienter.

„Wir leben in der Zeit der Glasfasernetzwerke. Neubauten haben die IP-Infrastruktur sowieso schon, weil Unternehmen riesige Datenmengen verschieben. Da passt ein Audionetzwerk dann perfekt rein. Das war 2005 noch keine Option.“

Bei kleinen Beschallungsprojekten hingegen ist Dante® nicht sinnvoll?

 
M. Krebbing:

Nein, so einfach ist es nicht. Es kann auch bei kleinen Projekten sinnvoll sein. Ich hatte erst letztens eine Arztpraxis, die neue Audiotechnik inklusive Rufanlage und Musik haben wollte. Denen haben wir Dante®-Technologie vorgeschlagen, die ist teurer als 100-Volt-Lösungen. Aber für eine 100-Volt-Lösung hätte man die Wände aufreißen müssen – das wollte der Kunde dann auch nicht.

Dann fragen wir andersherum: In welchen Bereichen ist die Digitalisierung der Beschallungstechnik nicht denkbar oder nicht sinnvoll?

 

In kleinen Shops oder für Bäcker oder kleine Cafés, Bistros und Restaurants. Generell in Szenarien, in denen die Verkaufsräume kleiner als 200 Quadratmeter sind. Stand jetzt gibt es da einfach keine praktischen oder wirtschaftlichen Gründe, auf IP-Technik zu setzen. Da zahlt sich die Kosteneffizienz der 100-Volt-Lautsprecher aus und auch ELA-Verstärker haben inzwischen für wenig Geld tolle Features und einen tadellosen Sound.

Welche Features sind denn heute normal, die vielleicht im Jahre 2005 noch undenkbar oder sehr exklusiv waren?

 
M. Krebbing:

Kostengünstige Digitalendstufen sind eine Sache. Digitale Trafos auf der 100-Volt-Seite sind auch eine neuere Entwicklung. Und die digitale Audioübertragung ist inzwischen mit Dante® fast latenzfrei möglich. Es gab 2005 schon Produkte, die in diesem Bereich zu finden waren, aber die hatten alle mit höheren Latenzen zu kämpfen und waren nicht preiswert.

Was sind denn die größten Veränderungen oder Weiterentwicklungen der letzten 15 Jahre im ELA-Bereich?

 

Die ELA-Verstärker gehen alle in Richtung Digitaltechnik. Endstufen werden immer leichter, haben aber trotzdem immer mehr Leistung. Auch der Stromverbrauch wird immer niedriger. Und selbst in der 100-Volt-Technik  stecken heute keine schweren Trafos mehr drin.

„Es ist ja nicht so, dass nur die digitalen Lösungen immer besser werden. Auch die 100-Volt-Technik entwickelt sich weiter.“

Gibt es besonders häufige Probleme oder Herausforderungen bei IP-basierten Audionetzwerken aufseiten der Kunden?

 
M. Krebbing:

Das kommt darauf an, wie gut der Nutzer sich mit IP-Technik auskennt. Viele Probleme entstehen durch die Überlastung des Netzwerkes mit unterschiedlichen Daten, also durch parallel genutzte Videotechnik und die Übertragung größerer Datenmengen durch ERPs. Im Bereich der SIP-Technik sind Problemquellen vor allem die Programmierung der Sprechstellen und der Lautsprecher. Da müssen die Installateure IP-Daten und Werte in entsprechende Felder eintragen, damit es funktioniert. Bei Dante® ist es einfacher, da hier alle Geräte im Dante®-Controller sofort sicht- und konfigurierbar sind.

Gibt es besonders häufige Missverständnisse oder Mythen im Bezug auf Audionetzwerke?

 

Es gibt die Meinung, dass analoger Sound wärmer, dichter oder wohlklingender ist. Das ist sehr subjektiv und hat erst mal wenig damit zu tun, wie der Sound übertragen wird – vorausgesetzt, alle Komponenten in der Signalkette sind hochwertig und sinnvoll konfiguriert. Auch die Latenzen bei Dante® werden überschätzt. Wir reden hier von 5 Millisekunden und weniger – im Bereich Commercial Audio ist das aber oft irrelevant.

Verändern sich auch Berufsbilder in der ELA-Welt, wenn Audionetzwerke wichtiger werden?

 
M. Krebbing:

Klar, grundlegendes Wissen über IP-Technik ist inzwischen fundamental.Das Zusammenspiel zwischen der EDV-Abteilung und dem Elektroinstallateur wird immer wichtiger. Es gibt auch einen deutlichen Generationenunterschied. Man erkennt sofort, ob ein Handwerker zu der Generation zählt, die schon mit dem Internet und der IP-Technik aufgewachsen ist. Da gibt es dann einfach weniger Berührungsängste, weil unsere Kunden dann wissen, was ein LAN-Netzwerk ist. Selbst wenn die Jüngeren da noch Nachhilfe brauchen – es ist eine andere Art, mit dem Internet umzugehen. Die Generation, die nicht mit LAN- und IP-Technik aufgewachsen ist, agiert da sehr vorsichtig.

Steigen denn auch die Erwartungen an guten Sound im Bereich Commercial Audio? Oder gewöhnen wir uns an eher qualitativ mäßige Hintergrundmusik?

 

Es kommt darauf an, von welchem Objekt wir sprechen. Die Beschallung in einem Golf-Club erwarten die Nutzer sicherlich hochwertiger als in einem Supermarkt, wo es auf die Sprachverständlichkeit ankommt. Heute erzeugen schon gute günstige Breitbandlautsprecher einen guten Ton – auch da ist in den letzten Jahren eine deutliche Entwicklung zu spüren.

Zum Abschluss: Wie sehen Sie die Zukunft der Branche in den nächsten Jahren?

 
M. Krebbing:

Das kommt natürlich stark darauf an, wie das mit der Corona-Pandemie weitergeht. Dazu muss man wissen, dass viele Händler und Dienstleister es spüren, wenn die öffentliche Hand stärker oder schwächer investiert. Jetzt gibt es gerade den DigitalPakt Schule, aber es wird in den nächsten Jahren sicherlich auch wieder mehr gespart. Und wenn dann die Investitionen in öffentlichen Einrichtungen zurückgehen, trifft das sicherlich auch die ELA Branche.

Bildquelle Headergrafik: © thodonal – Adobe Stock

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